Handlettering


.... ein neuzeitlicher Begriff für eine schöne Handschrift

Der Ursprung zu einer schönen Handschrift ist die Kalligrafie. Es ist zu vermuten, dass die europäische Kalligrafie ihr Vorbild in der arabischen Kalligrafie gefunden hat.

Koran aus Andalusien
Aufgrund des Bildverbotes im Islam wurde die kursive arabische Schrift in kalligrafischen Kunstwerken wie Linien verwendet, wodurch Bilder aus Buchstaben, sogenannte Kalligramme, entstanden. Da in den meisten Ländern der islamischen Welt die Kalligraphie als einzige erlaubte Kunstform galt, bildet sie im islamischen Raum das Haupt-Schmuckelement in der Architektur. 
Eine der kunstvollsten Arten der arabischen Kalligrafie, die Osmanische Kalligrafie, entwickelte sich bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Osmanischen Reich. 
Die ägyptische Kalligrafie ist eine Sonderform der arabischen Kalligraphie. Ägyptische Hieroglyphen wurden traditionell mit einer spitz zulaufenden Bambusfeder auf Papyrus geschrieben.

Koran aus Andalusien wikipedia 


Das Schreiben mit der Hand, wird heute als Lettern beschrieben. Letter bedeutet Buchstabe oder Schrifttype im Sprachgebrauch des Handsetzers. In der Definition bedeutet es schönes Schreiben. Das ist es aber nicht, was wirklich erreicht werden soll. Man soll zu einem Gefühl von Ausgeglichenheit und innerer Ruhe finden. Das häufige Üben der Hand ist eine Vorstufe zum Zeichnen und Malen. Das eigene Können entwickelt sich kontinuierlich und die Freude über die selbst geschaffenen Werke gibt einem Genugtuung. Das Lettering gibt einem Raum mit den Buchstaben zu spielen und um eigene Kreationen zu finden. Es fördert die Motorik und entwickelt die Fähigkeiten des Menschen, die Wahrnehmung, das Lernen, Erinnern, Denken und Wissen weiter zu entwickeln.
Das Besondere, die selbst entwickelte „Schreibkunst“ unterliegt keiner festen Regel und kann ständig anders geartet sein. Das Schreiben mit der Hand bringt Entschleunigung und Festigung, die Aufgaben die der Tag verlangt, zu bewältigen. Eine schöne Handschrift als Voraussetzung ist beim Lettering nicht erforderlich.
Passend zum Thema „Der BUCHSTABEBSPAZIERER“, ein Buch das Zuversicht verspricht! 

Was heute wenig bekannt ist, zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts, bis in die vierziger Jahre, gab es den Lehrberuf des graphischen Zeichners, des Lithographen. Die Lehre dauerte bis zu vier Jahren. Der Lithograph ist ein ehemaliger Beruf aus der Drucktechnik. Die Aufgabe eines Lithografen war, eine genau entsprechende Reproduktion auf den Lithographie-Stein (Solnhofener Kalkstein) zu übertragen. Der Lithograf übertrug die zu druckenden Texte und Bilder seitenverkehrt mit der Hand auf einem Lithografie-Stein. 

Ein Eindruck von Größe und Gewicht der Steindruckplatten www.lastprintbrucklyn.de 
 
Solange der Stein eine Mindeststärke aufweist, kann ihn der Lithograf nach dem Abschleifen und Säubern wieder verwenden. Das Abschleifen ist ein langwieriges Verfahren, das sorgfältig auszuführen ist, damit auf dem Stein für den neuen Druck keine alten Bildelemente übrig bleiben.  

Antike Druckpresse aus einem Kloster auf Samos Foto:W. Marx
Druckerpresse:  Herkunft/Rechte: Museum für Druckkunst Leipzig / Klaus-D. Sonntag (CC BY-NC-ND)

Mit der Weiterentwicklung der Lithografie im 19. Jahrhundert und dem wachsenden Bedarf an Drucksachen konnte die Handpresse den Ansprüchen nicht mehr genügen. Diese Anforderung erfüllte die Steindruck-Schnellpresse

Zum Druck von Lithografien waren an dieser 12 Tonnen schweren Druckmaschine drei Personen beschäftigt: der Drucker (Einrichtung und Überwachung der Maschine), der Papieranleger (Bogenanlage am Zylinder) und die Auslegerin oder Bogenfängerin (Bogenauslage und Qualitätskontrolle). Für die Durchführung der Bogenan- und -auslage waren oft Frauen und/oder Kinder beschäftigt. Schnellpressen ermöglichten Ende des 19. Jh. eine erhebliche Leistungssteigerung im Bereich des Steindrucks auf 800 bis 1.000 Drucke/Stunde. 

Um etwa 1930 wurde der Steindruck nach und nach durch den Offsetdruck abgelöst. 

Münsterkirche Mönchengladbach

Die Münsterkirche Mönchengladbach wurde bei Luftangriffen im 2. Weltkrieg bis auf die Umfassungsmauern schwer zerstört. Beim Wiederaufbau hat das Druck- und Verlagshaus B. Kühlen aus Mönchengladbach den Fußboden gestiftet. Es wurden alte Druckplatten zur Verfügung gestellt, die dann als Bodenplatten in der Kapelle verlegt wurden. So kam mit der Verlegung jener Solnhofener Platten ein einmaliger Stein-Fußboden zustande.

Vereinzelt sind noch Heiligenbilder zu erkennen, welche mit den Platten einst gedruckt worden waren. Und auch eine Reklame für einen Magenbitter ist im Boden der Turmkapelle zu entdecken. Foto.Wikipedia 

Westliche Kalligrafie (altgriechisch) κάλλος kállos, deutsch ‚Schönheit‘ bezeichnet die Schönschrift in lateinischen, griechischen und kyrillischen Buchstaben und stellt eine eigenständige Kunstform dar. Sie hatte ihre Blütezeit im Hochmittelalter, als ein hoher Bedarf an Bibelabschriften bestand, und wird heute noch zu besonderen Anlässen ausgeübt. Kalligrafie wird in Europa und Nordamerika meistens mit einer Bandzugfeder, einer Schreibfeder mit breiter Spitze, betrieben. 

Es gab viele Arten von Schreibfedern (Wikipedia), Rechts ein Dachbodenfund, Foto: S. Marx 

Die Geschichte der Kalligrafie ist mit der Entwicklung der Schrift untrennbar verbunden. Dabei versteht man unter Kalligrafie nicht nur das Schreiben mit Pinsel oder Feder, sondern auch das kunstvolle Eingravieren von Texten in Holz, Stein oder Metall. Im Mittelalter erlebte sie in Europa eine Blüte, die, neben der starken Aktivität christlicher Klöster, mit der Gründung der ersten Universitäten und dem dadurch entstandenen Bedarf an Büchern zusammenhing. Mit dem Aufkommen des Buchdrucks tradierten Schreibmeister die Kunst, verschiedene Schriftstile von Hand zu schreiben. Wikipedia 

Wie erlernen heute die Kinder die Grundschrift 

Die Schrift, die die Kinder als erstes in der Schule lernen, ist in den meisten Fällen die Druckschrift. Sie eignet sich gut als Erstschrift, da sie den Kindern schon bekannt ist. und auch als Erstleseschrift verwendet wird. 

Die Druckschrift wird auch als unverbundene Schrift bezeichnet, da beim Schreiben Buchstabe für Buchstabe nebeneinander gesetzt wird, ohne diese miteinander zu verbinden. Aufgrund ihrer aufrechten Buchstabenformen erscheint die Druckschrift motorisch einfacher als die kursive Schreibschrift. und somit besser geeignet für den Erstschreibunterricht.
Meist am Anfang der 2. Grundschulklasse kommt es zum Erlernen einer verbundenen Schreibschrift


Es gibt drei Schriftformen, die die Schulen heute frei wählen können. Die älteste ist die Lateinische Ausgangsschrift, die 1953 an allen Grundschulen in der damaligen Bundesrepublik eingeführt wurde.

Lateinische Ausgangsschrift 1953 (Wikipedia)

lies: >rauf, runter, rauf, Pünktchen drauf< 

So lernte man noch Anfang der 1950er Jahre das Schreiben auf der Schiefertafel. Man sagte laut den Spruch auf, um sich die Schreibweise einzuprägen. Die Tafel ganz mit „i“ zu schreiben, war Standard. 

Verlernen die nächsten Generationen das Scheiben? 

Seit Jahrhunderten schreiben die Menschen mit der Hand. Wenn Smartphone und Computer das überflüssig machen, fürchten viele Pädagogen, dass Kinder sich schlechter entwickeln. 
Beim Schreiben mit der Hand passiert noch mehr als beim Lesen: Wir wandeln einen Laut oder ein Wort in eine feine Handbewegung um. Hier kommt das motorische System des Hirns ins Spiel, das unsere Bewegungen steuert. Wer schreibt, hat eine viel bessere Merkfähigkeit ein Thema zu verstehen zu verarbeiten und weiter zu geben.

Lange Zeit war das Schreiben einer Minderheit vorbehalten. In Deutschland ist es erst knapp 100 Jahre her, dass wirklich jeder schreiben lernt: 1919 wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt. 
Wenn das Schreiben mit der Hand zukünftig vernachlässigt wird, verlieren die Menschen viel mehr, als sich heute erahnen lässt. 

Entwicklung der Schriftgattungen

Die Gestaltung von Satzschriften folgte zunächst den Vorbildern der schönsten handgeschriebenen Buchschriften des Spätmittelalters. Diese waren in zwei Gruppen geschieden: nördlich der Alpen im Allgemeinen die gotischen/gebrochenen und südlich, vorwiegend in Italien, die humanistischen/runden Schriften. Bei der Herstellung von Drucktypen setzte sich diese Teilung fort und vertiefte sich. Gutenberg gestaltete 1454 für die 42-zeilige Bibel die Typen nach dem Vorbild einer in gotischer Schrift geschriebenen Bibel, in der Textura.. Ab 1467 kristallisierte sich in Italien die Antiqua als humanistische runde Schriftform heraus. 1470 gestaltete Nicolas Jenson die erste voll ausgebildete Antiqua. Sie war das Ergebnis der Vereinigung von zwei stilistisch sehr unterschiedlichen Alphabeten zu einem Zeichensatz: den Großbuchstaben und den Kleinbuchstaben. Diese Vereinigung war bereits durch die Humanisten in den handgeschriebenen Kopien antiker Literatur vorbereitet worden. Mit der Satzschrift von Jenson waren nun die Grundformen der Antiqua endgültig festgelegt, kanonisiert. Sie wirken bis in die Gegenwart hinein als Standard und haben die Seh- bzw. Lesegewohnheiten vieler Generationen geprägt. Wikipedia 

Die Schriftgießerei

Meistens denkt man bei der Erfindung des Buchdrucks, das Entscheidende wäre die Verwendung von Einzelbuchstaben gewesen. 

Es musste erst die technische Voraussetzung des Schriftgusses für das Gießen der Einzelbuchstaben, Lettern bzw. Typen geschaffen werden. So weit man weis, hat Gutenberg die Zeichnung seiner Schrifttypen selbst entwickelt. 

Darstellung einer Schriftgießerei nach Jost Amman aus dem Jahr 1568 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Schriftgiesser.jpg
Darstellung einer Schriftgießerei nach Jost Amman aus dem Jahr 1568 (Wikipedia) 

Auf diesem Bild kann man ermessen, welche Geduld und Fingerfertigkeiten erforderlich waren, die einzelnen Schrifttypen zu gießen. Vieler Hände Arbeit waren zu leisten, um einen einen Schriftkasten zu füllen. Einen genormten Setzkasten gab es erst Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. 


Entscheidend wurde der Beruf des Schriftgießers, er erstreckt sich vom Entwurf der Zeichnung bis zum Gießen und Fertigmachen des Satzes in der Buchdruckerei. Die geschriebenen Bücher und Schriften des 15. Jahrhunderts, dienten Gutenberg als Vorbild. Er erreichte eine bewundernswerte Vollkommenheit, sie in einzelne Buchstaben zu zerlegen, um ein ähnliches Wortbild wie bei den Handschriften zu erzielen. Man wollte in der Anfangszeit der Buchdruckkunst das Bild der Hand geschriebenen Vorgabe erreichen.

In den Handschriften fanden auch die Nachfolger Gutenbergs die Vorlagen für den Schnitt ihrer Typen, aber es hat fast hundert Jahre gedauert, bis sich der Stempelschnitt aus dieser Abhängigkeit befreit und die Druckschrift die ihr hinderlichen Sonderheiten der Handschrift abgestreift hatte. So haben sich die Schriftschneider an die Schriftkünstler angelehnt, bis sie auf eigenen Füßen standen, weil die Handschrift ihre Bedeutung als Buchschrift verloren hatte. 

Quelle: Bauer/Reichardt: Chronik der Schriftgießereien in Deutschland und den deutschsprachigen Nachbarländern 

1) Anfang des Buchs Genesis in der Gutenberg-Bibel der Staatsbibliothek Berlin
2) Druck einer Familienbibel, Serifenlose Linear-Antiqua, heute am meisten verwendet.
3) Frakturschrift. Ab dem Ende des 16. Jahrhunderts üblich, deutsche Texte in Fraktur und fremdsprachliche in Antiqua zu drucken Das Ende für die altdeutsche Schrift kam schließlich durch die Nazis: In einem geheimen Erlass vom 3.1.1941 wurde „die sogenannte gotische Schrift“ abgeschafft. Druckerzeugnisse wurden auf die lateinische Antiqua umgestellt.

Anders als der Handsetzer früher, hat heute der User eines Computers oder Laptops, eine riesige Auswahl an Schriften zur Verfügung. Er kann eine Schrift auswählen und wenn ihm das Schriftbild nicht gefällt, mit einem Klick umwandeln, den Schriftgrad vergrößern, auf fett oder kursiv einstellen und den Durchschuss verändern.
Noch vor fünfzig Jahren, war das alles nicht vorstellbar. 

Gedanken eines Jüngers von Gutenberg